Im Englischen gibt es das Verb to consume: sich etwas einverleiben, es verspeisen, aufbrauchen, verzehren. Das deutsche konsumieren hat nicht die gleichen Untertöne, die verschlingende Qualität, die wir vielleicht im Verzehr finden oder in der Einverleibung. To be consumed by something bedeutet so viel wie: etwas erliegen, von etwas verzehrt werden. Und im Partizip wird die Dimension am deutlichsten:
consumed: verbraucht, abgebaut, ausgebeutet, erschöpft, leergefördert, totgebaut
Davon handelt dieser Text.
Im Februar diesen Jahres arbeite ich für ein paar Tage in der niedersächsischen Provinz; irgendwo auf dem flachen Land zwischen Bremen und Walsrode. Einsiedlerhöfe, brachliegende Felder, einspurige Straßen, dazwischen die dünnen Bänder einzelner Flussläufe.
An den Vormittagen gebe ich Schreibworkshops in einer Schule, die Nachmittage habe ich frei. Mein Auftraggeber bezahlt meine Unterkunft, ein Tiny House auf einem Bauernhof, wo Schafe gehütet werden. Im Haus gibt es ein Bett, eine Küchenzeile, und einen Ofen, der gleichzeitig das Wasser erhitzt. Als Klo dient eine Trenntoilette. Der Vermieter hat alles selbst gebaut. Er trägt das graue Haar im Zopf und Silberringe im Ohr.
Es gibt kein Internet im Tiny House. Bei der Buchung stellte ich mir vor, wie ich in meinen freien Stunden über die kargen Felder wandern und neben dem selbstbefeuerten Ofen sitzend schreiben würde. Eingepackt habe ich Anna Lowenhaupt-Tsings wuchernde Kapitalismuskritik Der Pilz am Ende der Welt, über die ich einen Essay schreiben möchte.
Letztlich liege ich vor allem im Bett. Ich höre einen Podcast von zwei Frauen, die sich gegenseitig Fan Fictions vorlesen, und spiele ein mobile game, bei dem man mit verschiedenfarbigen Balken gefüllte Reagenzgläser ineinander schüttet. Meine Vorhaben habe ich nicht vergessen - ich verschiebe sie nur in ein unendliches Nachher; gleich gehst du raus, gleich fängst du an zu lesen, gleich schreibst du an deinem Essay.
Jeden Tag schaffe ich es kurz, mich aus der Starre zu lösen. Die Unterbrechungen kosten mich mehrere Anläufe und all meine Kraft. Ich ziehe mir Schuhe und Jacke an, lege das Handy aufs Bett und verlasse den Hof für eine Runde über die Felder, gefolgt von Hund Easy, der mir ohne weitere Kommandos hinterher läuft wie im Bilderbuch. Es wäre falsch zu sagen, dass mir die Spaziergänge mit Easy keinen Spaß machen. Nur begleitet mich eine Art Phantomschmerz, der sich erst bei Ankunft am Haus löst, wenn ich das Handy wieder in die Hand nehme.
Ich denke über das Wort Phantomschmerz nach, das ich intuitiv für das Gefühl der Handylosigkeit verwendete. Eigentlich bezeichnet man damit das Brennen oder Stechen, das viele Menschen nach einer Amputation dort verspüren, wo zuvor das Körperteil war. Erst nach dem Niederschreiben fällt mir auf, wie nah ich mit meinem Wort an die medientheoretische Theorie der Prothese rücke. Vom altgriechischen πρόσθεσις, „Anfügung“, kommend, bezeichnet die Alltagssprache damit meist etwas wie eine Arm- oder Beinprothese, vielleicht auch ein künstliches Knie- oder Hüftgelenk. Medientheoretisch wird der Begriff allerdings weiter gefasst. Nach dem Medienwissenschaftler Marshall McLuhan „verändern Medien menschliches Denken, Handeln und menschliche Wahrnehmung automatisch“.1 So kann jedes Medium in gewissem Sinne als Ausweitung des menschlichen Körpers gelesen werden: Bei McLuhan gilt das Rad als eine Erweiterung des Fußes, (elektrisches) Licht als Erweiterung der Augen, Kleidung als Erweiterung der Haut. Das Gehirn gewöhnt sich an das Medium wie an ein Körperteil.
Die Theorie der Prothese wird durch eine Theorie der (Auto)Amputation begleitet: Bei McLuhan bevorzugt jedes Medium einen bestimmten Sinn, hinter dem andere Sinne und Fähigkeiten zurücktreten. Mit der Erfindung der Druckerpresse wurde das Lesen und damit der Sehsinn heraus gestellt. In der Folge verarmten die anderen Sinne.2
Diese Form der Amputationstheorie erinnert mich an Platons Schriftkritik. Platon lässt seinen Lehrer Sokrates erklären, die Schrift gefährde das Erinnerungsvermögen:
„Denn Vergessenheit wird dieses in den Seelen derer, die es kennenlernen, herbeiführen durch Vernachlässigung des Erinnerns, sofern sie nun im Vertrauen auf die Schrift von außen her mittelst fremder Zeichen, nicht von innen her aus sich selbst, das Erinnern schöpfen. Nicht also für das Erinnern, sondern für das Gedächtnis hast du ein Hilfsmittel erfunden. Von der Weisheit aber bietest du den Schülern nur Schein, nicht Wahrheit dar. Denn Vielhörer sind sie dir nun ohne Belehrung, und so werden sie Vielwisser zu sein meinen, da sie doch insgemein Nichtswisser sind […]“3
Erinnerung ist zentraler Bestandteil von Platons Erkenntnistheorie, vertritt er doch die Auffassung, dass jedes Wissen ein Wieder-Erinnern unserer unsterblichen Seele ist. Wenn Platon schreibt, Schrift gefährde unsere Fähigkeiten des Erinnerns, dann scheint mir das etwas viel Umfassenderes zu meinen, als wenn heute jemand dasselbe über Wikipedia sagt.
Ich erinnere mich an den Moment, an dem mir das Bücherlesen zum ersten Mal schwer fiel. Als ich vor Jahren in meine alte Wohnung zog, hatte ich zwei Monate lang kein Internet. Zum Geburtstag hatte ich ein Buch geschenkt bekommen. Doch nachdem ich ein paar Seiten gelesen hatte, griff ich jedes Mal zum Handy, ein mechanischer, unbewusster Ablauf, den ich damals nicht verstand. Es kam mir vor, als wolle ich die Anstrengung des analogen Lesens mit dem Flow eines Feeds belohnen. Aber der Griff zum Handy half mir nie, im Gegenteil, das Re-Fokussieren auf das Buch wurde mit jedem Mal schwieriger.
Ich weiß noch: Der Impuls kam mir schon damals merkwürdig vor, in seinem Automatismus und in seiner Sinnlosigkeit, schließlich hatten meine Social Media-Feeds nichts mit dem Text zu tun, den ich damals las. Und ich weiß auch, dass ich den Reflex irgendwann bekämpft haben muss, weil ich das Buch letztlich beendete. Es handelte sich um Anna Lowenhaupt-Tsings Der Pilz am Ende der Welt - das gleiche Buch, das ich später ins Tiny House mitnahm.
Wo soll ich meinen Hebel ansetzen, um eine sinnvolle Kritik zu formulieren?
Phones are bad ist der unhotteste Take der Welt. Er ist nichtmal ugly hot. Stichwortsuchen im Internet präsentieren mir einen Haufen erfolgreicher und vorhersehbarer Texte darüber, wie süchtig junge Menschen nach ihren Handys sind. Der Neurodidaktiker Manfred Spitzer, dessen Buchtitel schon so polemisch sind, dass ich sie nicht in die Hand nehmen möchte, gründet seinen gesamten Erfolg auf reißerischen Thesen über Verdummung durch Internet. In Schnelles Lesen, langsames Lesen macht die Didaktikerin Maryanne Wolf sich Sorgen, dass Kinder heutzutage nicht mehr richtig lesen lernen - immerhin hat sie aber den Anstand, nach der Hälfte des Buches zuzugeben, dass ihr die eigene Lesefähigkeit vor lauter Internet abhanden gekommen ist. Ein Artikel mit dem reißerischen Titel Have Smartphones destroyed a generation? der Psychologin Jean M. Twenge nimmt eine pseudowissenschaftliche Verteuflung des Handys vor, während in jeder zitierten Statistik Korrelation und Kausalität4 verwischen. In einem Absatz über ein Mädchen, das eines Tages neben ihrem brennenden Handy aufwacht, wundert Jean Twenge nicht der entflammte Akku, sondern dass jemand neben seinem Handy schläft.5
I don’t know, Jean. Vielleicht bist du die falsche Person, um die Beziehung von Jugendlichen und ihren Smartphones zu untersuchen.
Durch die Netflix-Doku The Social Dilemma entdecke ich eine Reihe von Männern aus dem Silicon Valley, die ihre Tech-Jobs an den Nagel gehängt haben und nun Kritik an der Infrastruktur großer Internetplattformen üben. Ich lese ihre Artikel, höre ihre Reden und Podcasts. Ich erfahre, wie Algorithmen funktionieren, was persuasives Design ist, und wie das Geschäftsmodell der Tech-Giganten aussieht. Irgendwie sind mir diese Dinge zwar schon lange klar, aber so richtig über sie nachgedacht habe ich bislang nicht.
Das Problem ist: Das Internet ist nicht umsonst. Die Sozialen Medien sind keine kostenfreien Produkte; vielleicht ist nichtmal das Wort Produkt angemessen. In The Social Dilemma heißt es:
„If you’re not paying for it, you’re the product.“
Soziale Medien gehören profitorientierten Unternehmen, die ihre Gewinne durch Datenverkauf erwirtschaften; sie dienen dem Datensammeln. Daten erscheint mir aber ein so abstraktes Wort, dass es die Unheimlichkeit des Geschäftsmodells versteckt.
Der Ex-Google-Mitarbeiter Tristan Harris erklärt das Geschäftsmodel von Tech-Unternehmen anhand von drei Zielen: Engagement, Wachstum und Profit.
Engagement soll die Augen der existierenden Nutzerïnnen so lang wie möglich auf dem Screen halten. „Increase time on device“, ist der Satz, den ich während meiner Recherche immer wieder lese. Viele Designelemente der Plattform sind darauf ausgerichtet: der niemals endende Feed. Pull-to-refresh. Der kleine, farbige Punkt neben dem Profilbild, der uns anzeigt, wenn einë Freundïn online ist. Die Information, dass diese Person gerade tippt.
Wachstum bezieht sich darauf, die auf der Plattform verbrachte Gesamtmenge an Zeit zu vergrößern. Das bedeutet einerseits mehr Menschen zu Nutzerïnnen zu machen, andererseits die existierenden Nutzerïnnen zum Zurückkehren zu bewegen. Ich denke an die Gamifizierung von Like- und Followzahlen, den Wunsch zu wachsen, der einën gleichzeitig zu Opfer und Komplizïn macht.
Das alles steht im Dienst des Profits. Jede unserer Aktionen auf der Plattform wird überwacht und aufgezeichnet, jeder Tap, jeder Like, jede Augenbewegung. Aus all diesen Daten erstellen Algorithmen Modelle unserer Persönlichkeiten. Sie klassifizieren die Persönlichkeitsmodelle nach Ähnlichkeiten und verkaufen sie an Werbetreibende.6
Während ich diesen Männern zuhöre, muss ich an das englische Wort harvest denken. My attention is being harvested. Nach und nach formt sich daraus ein ganzes Bild, dem ich mich selbst nicht mehr entziehen kann. Als wären die Sozialen Medien, die wir täglich nutzen riesige Farmen, die unsere Leben anbauen, um sie zu ernten. Ich stellte mir das so ähnlich vor wie FarmVille, dieses Social-Network-Game, das alle, die ich kannte, in den frühen 2010er-Jahren spielten. Auf mehreren quadratischen Einheiten Land steht die personalisierbare Farm. Aus jeder quadratischen Einheit sprießt eine Pflanze, streckt ihr Gesicht der virtuellen Sonne entgegen, eine schwebende Gießkanne gießt Feed darüber, und die Pflanze treibt kleine Blätter ihrer Aufmerksamkeit aus, die Blätter tragen Namen und Gesichter ihrer Freunde, ihrer Hobbies; in der vergehenden Blüte lösen sich Samen der Lust und der Scham. Und alle paar virtuellen Tageszyklen kommt eine körperlose Hand vorbei und nimmt der Pflanze Blatt, Blüte und Samen, aber je mehr abgezupft werden, desto mehr wachsen nach.
Bei meinen Stichwortsuchen begegne ich immer wieder den gleichen Männern. Viele von ihnen arbeiten für die NGO Center for Humane Technology. Die meisten haben ähnliche Biographien; Ivy League Abschluss, Mitentwicklung von Internet und Sozialen Medien, irgendwann ethische Bedenken, Ausstieg. Und wie moderne Frankensteins schauen sie mit Entsetzen auf die Algorithmen, die sie kreierten.
Je mehr Texte ich von diesen Männern lese, je mehr ihrer TED-Talks ich lausche, desto eher scheint es, als seien die größten Probleme von Big Tech Fake News, russische Wahlmanipulation und eine Verrohung des Diskurses. Keiner von ihnen zweifelt ernsthaft an den Fundamenten, die eine schleichende Ausbeutung des menschlichen Geistes ermöglichen. Keiner von ihnen zweifelt daran, ob fünf Unternehmen7 die grundlegende Gestalt der digitalen Landschaft bestimmen sollten.8 Keiner von ihnen spricht je von Kapitalismus.
Ich lese einen Artikel mit dem Titel Digital Detox: Big Techs Phony Crisis of Conscience, der kritisch betrachtet, wie sich ehemalige Silicon Valley-Mitarbeiter nun als reuige Weltverbesserer in der Öffentlichkeit präsentieren. Dabei kommt er zu ähnlichen Schlüssen wie ich: „They fail to attack the attention economy at its roots or challenge the basic building blocks of late capitalism: market fundamentalism, deregulation, and privatization. They reinforce neoliberal ideals, privileging the on-the-move individual whose time needs to be well spent — a neatly consumerist metaphor.“9
Der Autor stellt auch fest: Die Gewissensbisse und die öffentlichkeitswirksamen Aufrufe für ein ethischeres Internet kamen erst, nachdem diese Männer ein kleines Vermögen verdienten. Sie gehen davon aus, jedër könne einfach mal ein paar Wochen Urlaub im Digital Detox Camp machen. Und während ich nicht glaube, dass man für eine digitale Auszeit Urlaub nehmen muss, bleibt das Ausloggenkönnen ein Luxus: Für zu viele von uns, die haupt- oder nebenberuflich selbstständig sind, ist Ausloggen mit einem ökonomischen Risiko verbunden. Denn selten entspricht Selbstständigkeit der neoliberalen Verklärung sein eigener Boss oder That Girl zu sein; viel öfter bedeutet es vor allem finanzielle Unsicherheit; nicht zu wissen, wann das nächste Honorar kommt oder wie man die eigene Krankenversicherung bezahlt. Soziale Medien sind Marktplätze, Aushängeschilder für die Personal Brand. Hier netzwerkt man, findet Ausschreibungen, lässt sich engagieren.
Den Männern vom Center for humane Technology mangelt es nicht an Reformideen - wie zum Beispiel einer Art FairTrade-Zertifikat für ethische Apps.10 Die Annahme allerdings, wir würden durch digitale Technologien vermittelte Leben führen wollen, bleibt bestehen. Unhinterfragt die Kontrolle unserer Aufmerksamkeit, die fundamental „soziale“ Natur dieser Plattformen. Die Arbeitsbedingungen, unter denen Smartphones und Computer hergestellt werden.
Auf einer Konferenz fragte ein ehemaliger Google-Mitarbeiter: „How should we make sure we’re ethical about exercising this control over people’s brains?“11
Wie soll ich darauf antworten? Gibt es eine ethische Art, Kontrolle über die Gehirne anderer auszuüben?
Bei meiner Lektüre stoße ich auf ein Zitat. Zunächst wirkt es wie eine Erklärung für alles, was dieser Text umkreist und was mich seit Monaten beschäftigt. „When information becomes abundant, attention becomes the scarce resource“, wenn Informationen in großer Zahl verfügbar werden, wird Aufmerksamkeit zur knappen Ressource.12 Der Satz erscheint mir so deutlich und so einfach, dass ich ihn mir gern unterstreichen würde. Aber mein Impuls hätte mich skeptisch machen sollen, erklärt das Zitat doch eigentlich gar nichts, sondern verleiht nur einem Verhältnis Ausdruck. Es gibt mehr Informationen als Aufmerksamkeit auf der Welt. Dieses Verhältnis könnte mir aber theoretisch erstmal egal sein, weil viele der Informationen gar nichts mit mir zu tun haben. Ich muss zum Beispiel nicht wissen, wie man in Kanada einen Wasseranschluss für ein Einfamilienhaus erhält oder mit welcher Formel ich die nächste Stelle von Pi errechne.
Zwei Dinge aus dem Zitat deuten allerdings auf die desperaten Zustände der Gegenwart hin. Das sind die Wörter Information und Ressource. Nach längerem Nachdenken machen mich diese Wörter misstrauisch.
Eine Ressource ist nicht Zweck an sich, sondern Mittel zum Zweck. Sie ist etwas, das zum Erreichen eines Ziels benötigt wird. Eine Sprache, die von Ressourcen redet, steht oft im Dienst der Nutzbarmachung: die dünne Schicht Mutterboden, die die Landmasse unseres Planeten umgibt, genauso wie die Braunkohle unter dem Dorf Lützerath werden insoweit als wertvoll gedacht, als dass sich daraus Profit erwirtschaften lässt. So kommt ihnen kein Wert an sich zu, sie existieren außerhalb ihrer sozialen und ökologischen Zusammenhänge.
Von der Aufmerksamkeit als Ressource zu sprechen, bedeutet auch, sie zu isolieren: von diëmjenigen, diër wahrnimmt, und dem Wahrgenommenen. Das Wahrgenommene als Information zu klassifizieren, entreißt es seiner Zusammenhänge und reduziert es auf die reinen Signale, die ein Hirn interpretiert. Es macht ja aber sowohl für mich als auch für meine Umwelt einen sehr großen Unterschied, ob ich meine Aufmerksamkeit der Essensausgabe in einer Suppenküche widme, einen Roman lese oder durch Twitter scrolle.13
Ein kapitalistisches Wirtschaftssystem erfasst unsere Aufmerksamkeit als Ressource und speist sie ein in eine Wettbewerbslogik. Das ist es, was Aufmerksamkeitsökonomie heißt: in einer Gesellschaft zu existieren, in der die menschliche Aufmerksamkeit ein weiterer Rohstoff ist, den Unternehmen für Profitsteigerungen abschöpfen. Es geht nicht um die Dinge, denen Aufmerksamkeit gewidmet wird oder die Beziehung, die durch gegenseitige Aufmerksamkeit entsteht.
„Es gibt viel „systembedingten Missbrauch“ gegen den man derzeit aufbegehren müsste, aber ein guter Punkt, an dem man beginnen könnte, wäre meiner Meinung nach der Missbrauch unserer Aufmerksamkeit. Und zwar deshalb, weil unsere Aufmerksamkeit die Grundfeste für jede andere Art von sinnvollem Widerstand ist: Sie […] bildet die Grundlage einer disziplinierten kollektiven Aufmerksamkeit, die wir bei erfolgreichen Demonstrationen und Boykotten beobachten, deren laserscharfer Fokus allen Versuchen trotzte, sie zu zerstreuen“,
schreibt die Künstlerin Jenny Odell in Nichts Tun. Die Kunst, sich der Aufmerksamkeitsökonomie zu entziehen.
Ich lese das Buch als eine Art Anleitung, die eigene Aufmerksamkeit der Verwertungslogik zu entziehen, Zusammenhänge statt disparate Informationen wahrzunehmen, sich in Beziehung zu setzen. Aufmerksamkeit ist hier nichts, das einfach in einem Dauerzustand existiert. Es handelt sich vielmehr um die Fähigkeit, sich etwas vor Augen zu halten. Mir erscheint das Halten hier als Schlüsselwort: wie einen Gegenstand, der ein gewisses Gewicht hat. Als eine Art Kraftakt, der nicht ohne Willen auskommt.14
Auf einen Ausstieg will Odell aber nicht hinaus. Denn sich der Aufmerksamkeitsökonomie zu entziehen, bedeutete einen Rückzug, eine Abkehr, Leben in den Wäldern wie Henry David Thoreau, der sich 1845 eine Blockhütte am Waldensee baute, um dort für zwei Jahre zu leben.
Ich hege eine seltsame Beziehung zu Thoreau. Ein Teil von mir möchte genauso wie er durch die Wälder Massachusetts streifen, wilde Heidelbeeren essen und so lange Luftblasen im Eis betrachten, bis ich mehrere Seiten darüber schreiben kann; ich verstehe, dass er von so etwas spricht, wenn er vom echten, wirklichen Leben spricht.
Auf der anderen Seite schimmert durch Thoreaus Texte eine latente Misanthropie, eine Abneigung gegen eine dumme Masse, der ich mich nicht anschließen möchte. Und es ist diese dumme Masse, als die er die Gesellschaft betrachtet, der er (zumindest für eine Zeit!) den Rücken zuwendet. Selbst wenn Thoreau nicht in den Wäldern blieb: Berühmt ist er für seine Abkehr, seinen Ausstieg.15
Ganz anders lese ich das Menschenbild der Politiktheoretikerin Hannah Arendt. In ihrem philosophischen Hauptwerk Vita activa oder Vom tätigen Leben (1958) stoße ich auf eine Ehrfurcht vor dem Menschlichen, die mich tief berührt. Im Zentrum ihrer Philosophie stehen Menschen als gemeinschaftliche Wesen. Handeln ist das Wort, mit dem sie das soziale Miteinander betitelt, und dieses Handeln ist so mächtig, dass es so etwas wie Gesellschaften überhaupt erst erstehen ließ. Obwohl es um Zusammenleben geht, sieht Arendt nicht nur eine Masse:
„Das Handeln bedarf einer Pluralität, in der zwar alle dasselbe sind, nämlich Menschen, aber dies auf die merkwürdige Art und Weise, dass keiner dieser Menschen je einem anderen gleicht, der einmal gelebt hat oder lebt oder leben wird.“16
Arendts Konzeption von Politik ist eine gemeinschaftliche, es geht um Austausch und etwas, was wir heute vielleicht als Diskurs bezeichnen würden. Politik findet dann statt, wenn unterschiedliche Menschen in einer Öffentlichkeit zusammenkommen, miteinander in Kommunikation treten. Dieser Prozess ist es, was Arendt Politik nennt, nicht sein Ergebnis.17
Ein Rückzug aus diesem öffentlichen Austausch bedeutet in der Konsequenz auch einen Ausstieg aus jeder Form von Politik zugunsten persönlicher Interessen.
Wie kann so ein Austausch aussehen in einer Zeit, in der öffentlicher Raum an sich verschwindet? In der der reichste Mann der Welt glaubt, seine digitale Plattform sei eine Art digitaler public town square?
In der Welt der Männer vom Center for humane technolgy gibt es kein Außerhalb der Aufmerksamkeitsökonomie. Teil der Gesellschaft zu sein bedeutet genauso einzusteigen in den Wettbewerb, tiefer in die psychologische Trickkiste greifen als die anderen, um sich ein Stück vom Kuchen zu sichern.
„Because there’s so much competition for people’s attention, this inevitably means you have to appeal to the impulsive parts of people’s brains and exploit the catalogue of irrational biases“18, schreibt James Williams.
Was mich an diesem Satz am meisten stört, ist das Wort inevitably. In Williams Welt scheint der ausbeuterische Wettbewerb unvermeidbar. Unklar bleibt, wo der Wettbewerb beginnt und wo er endet. Würde Williams zum Beispiel auch sagen, dass ich um die Aufmerksamkeit meiner Freundïnnen konkurrieren muss? Müsste ich auch auf psychologische Manipulation zurückgreifen, um Beziehungspersonen dazu zu bewegen, Zeit mit mir zu verbringen?
Ich weigere mich, das anzunehmen. Ich glaube, es gibt ein Außerhalb. Ich glaube, wir Menschen sind mehr als das; mehr als Pavlovsche Hunde, mehr als ausbeutbares Humankapital, mehr als ein paar Augen verbunden mit einem Belohnungssystem. Ich glaube, wir können auf Arten und Weisen präsent sein, die nicht den impulsiven Teil unserer Hirne ansprechen. Ich glaube, wir können uns als politische Wesen innerhalb einer Gesellschaft begreifen. Wir müssen.
In James Williams Text gibt es einen Absatz, der sich wie eine Ableitung aus meinen Tagen im Tiny House liest:
„Wir erleben die Auswirkungen der Aufmerksamkeitsökonomie als kleine Tröpfchen, und deshalb neigen wir dazu, sie in Begriffen leichter Irritation wie nervend oder ablenkend zu beschreiben. Das aber ist eine fatale Falschdeutung ihres Wesens. Kurzfristig können Ablenkungen uns von dem abhalten, was wir tun wollen. Auf lange Sicht jedoch können sie sich häufen und uns davon abhalten, das Leben zu leben, das wir leben wollen; oder schlimmer noch, unsere Fähigkeit zu Reflexion und Selbstregulation untergraben, und es schwieriger machen, in den Worten Harry Frankfurts,19 „zu wollen, was wir wollen“. Hier lauern also tiefgreifende ethische Implikationen für Freiheit, Wohlergehen und sogar die Integrität des Selbst.“20
Ich habe nie verlernt, zu wollen, was ich will. Aber in jenen Tagen im Tiny House wollte ich spüren, wie ich inmitten der kargen Landschaft existierte, neben den wolligen Leibern der Schafe und des Hundes Easy, und konnte und konnte mich nicht dazu bringen.
Ich glaube nicht, dass man etwas nur genug wollen muss, um es zu bekommen. Ich glaube fest an sozioökonomische Bedingungen, an soziale Positionierungen, an Barrieren; legale, physische, sprachliche - egal. Ich glaube nicht, dass man sich einfach nur genug anstrengen muss, um das Leben führen zu können, dass man führen will. Aber ich glaube an die Macht der Vielen, an Spielräume und an den Freien Willen, dieses alte Gespenst der Philosophie.
Im August diesen Jahres mache ich eine Woche Urlaub mit meinem Hund, einer Straßenkarte und einem Tastenhandy, mit dem ich SMS versenden und Leute anrufen kann. Als ich los fahre, weitet sich meine Brust auf eine Art, die ich lange nicht mehr gespürt habe. Den Campingplatz habe ich zuhause am Computer rausgesucht, er gehört zu einem Bauernhof und ist hundefreundlich. Ich stelle mein Zelt unter einen Baum und hänge meine Hängematte in die Zweige. Dort liege ich und schaue zwischen den Blättern hindurch in einen blaugrauen Himmel, während der Hund eingekringelt leise schnarcht. In der letzten Abendsonne steige ich auf den Hügel hinter dem Platz. Der Hund läuft vor mir, manchmal sehe ich nur die Schwanzspitze aus den Gräsern aufragen. Hier oben höre ich außer Wind und Vögeln kaum etwas, nur manchmal das Hochdrehen eines beschleunigenden Fahrzeugs auf der Landstraße in der Ferne. Ich sehe den See und das andere Ufer, die bereits im Schatten liegen. Ich sehe die bewaldeten Kuppeln der mich umgebenden Hügel, und all das ist so weit und so lebendig, dass ich weinen will.
Das einwortKollektiv besteht aus sechs Autor*innen, die sich alle zwei Monate von einem gemeinschaftlich bestimmten Wort inspirieren lassen.
• Sofia B.schreibt über einen Hunger, der sie in einen konstanten Zustand der Fast-Überlastung treibt.
• Franziska König schenkt uns eine literarische und poetische Beschreibung des Gefühls “Lebenshunger”.
• In olivia’s notatka geht es um ein Interview, welches Oliwia seit der Pubertät begleitet und um ihre polnische Zunge, die bestimmtes Essen in Emotionen und Identitäten verwandelt.
• Vivan Sper schreibt über das Erlernen von Hunger in den 2000ern und Hunger als Teil der eigenen Familiengeschichte.
• Keas Gedanken zum Hunger bleiben im Hinterhof. Danke fürs Lektorat <3
Während ich an diesem Essay arbeitete, habe ich (u.a.) folgende Medien gelesen, gehört, gesehen. In der einen oder anderen Form haben sie mein Schreiben beeinflusst.
Cathy O’Neil: Weapons of Math Destruction. How Big Data Increases Inequality and Threatens Democracy.
Jenny Odell: Nichts Tun. Die Kunst sich der Aufmerksamkeitsökonomie zu entziehen.
Hannah Fry: Hello World. Was Algorithmen können und wie sie unser Leben verändern.
Jaron Lanier: Ten Arguments for Deleting your Social Media Accounts Right Now
haweya auf Substack
CJ the X auf Substack
CJ the X: Bo Burnham vs Jeff Bezos auf YouTube
Horses: We all got tricked into content addiction auf YouTube:
Jordan Harrod auf YouTube
The Social Dilemma auf Netflix
Der Podcast Your Undivided Attention
TED Talks und andere Reden von Tristan Harris, James Williams, Chamath Palihapitiya
Matthias Agethen: Gutenberg Galaxis oder ›posthistorische Menschen‹ im ›elektrischen Zeitalter‹? Über die Thesen Herbert Marshall McLuhans. In: Texturen online
Prosthesis im Keyword Glossar der University of Chicago und Matthias Agethen: Gutenberg Galaxis oder ›posthistorische Menschen‹ im ›elektrischen Zeitalter‹? Über die Thesen Herbert Marshall McLuhans. In: Texturen online
In vielen Statistiken finden sich korrelierende Daten. Das heißt, ein Anstieg des einen und ein Anstieg des anderen passieren gleichzeitig. Im Internet gibt es einige lustige Seiten, die solche Korrelationen zusammentragen. So korreliert zum Beispiel der Pro-Kopf-Käsekonsum mit der Anzahl an Personen, die von ihrer eigenen Bettwäsche stranguliert werden. Es wäre abstrus, daraus zu schließen, dass ein erhöhter Käsekonsum Strangulation durch Bettwäsche bewirkt oder umgekehrt. Das wäre genau der Fehler Korrelation und Kausalität zu verwechseln.
In manchen Beispielen ist der Fehlschluss nicht so eindeutig. Meine Schwester erzählte mir zum Beispiel von einem bayrischen Dorf, das zu großen Teilen aus einem Nonnenkloster besteht. Dieses Dorf wählt regelmäßig mehrheitlich die CSU. Hier korrelieren die Anzahl an Nonnen in der Bevölkerung und Wahlstimmen für die CSU. Es wäre naheliegend zu denken, dass die christlichen Nonnen überwiegend die CSU wählen - dass die Nonnenzahl kausal den Wahlsieg hervorruft. Das stimmt aber nicht. Die Nonnen achten nämlich wohl eher das Gesetz Gottes und gehen nicht wählen. Der Rest des Dorfes wählt CSU.
Ein weiteres Beispiel: Bei Heranwachsenden korrelieren Arm- und Beinwachstum. Allerdings bewirkt weder das Armwachstum das Beinwachstum, noch umgekehrt. Beidem liegt ein anderer, gemeinsamer Faktor zugrundeliegt, das Wachstum des ganzen Körpers nämlich.
Das meiste aus diesem Absatz habe ich aus The Social Dilemma, glaube ich.
Alphabet (Google), Meta Plattforms (Facebook & Co), Apple, Microsoft, Amazon.
Ich habe einen Talk des früheren Facebook-Leiters Chamath Palihapitiya gesehen, den ich so unangenehm fand, dass ich ihn hier nicht verlinken werde (Stichwortsuche existiert). Palihapitiya spricht darüber, wie er einer der reichsten Männer der Welt werden will, um Gutes zu tun (den Klimawandel lösen zB), dass man nichts dagegen tun kann, dass Geld die Welt regiert und man einfach reich genug werden muss, um mitreden zu können, dass niemand die Weltsicht eines anderen interessieren muss und je mehr Leute mit unterschiedlichen Weltsichten am Tisch der Reichsten sitzen, desto diverser wird es. Dabei benutzt er sehr oft das Wort fucking. Er sagt, er fühle sich incredibly remorseful wegen der ganzen Social Media Sachen, an der er mitgearbeitet hat, er habe wirklich viel soul searching betrieben, aber jetzt müssten wir soul searching betreiben.
Grafton Tanner: Digital Detox. Big Tech's Phony Crisis of Conscience.Hervorhebung von mir.
Manche dieser Ideen halte ich für sehr gut. Zum Beispiel wären Gewerkschaften für Social Media Userïnnen ein wirkungsvoller Hebel, um mit der Kraft der Masse Druck aufs Silicon Valley auszuüben. Und es wäre eine Art, den beständigen Datenraub durch Meta & Co als einen Arbeitskampf zu führen, wie Arbeiterïnnen es seit der Industrialisierung getan haben. In einem der nächsten Texte zu Mensch-Maschine-Beziehungen im Spätkapitalismus geht es um Data As Labour.
Zitat von Herbert Simon, Politikwissenschaftler. Zitiert aus und gefunden in: James Williams: Why it's OK to block Ads.
In Der Pilz am Ende der Welt zeigt Anna Lowenhaupt-Tsing, wie ein solches Denken der Logik der Zuckerrohrplantage im Brasilien des 16./17. Jahrhunderts entspricht: Weiße Kolonialisten bauten auf Land, das sie geraubt hatten, eine ortsfremde Pflanze an, die sie von versklavten Menschen verarbeiten ließen. Nichts an der Plantage stand in seinen sozialen oder ökologischen Zusammenhängen, im Gegenteil: Sie beruhte auf der Isolation der einzelnen Elemente. Das Land war gestohlen, das Zuckerrohr aus Neu-Guinea importiert, vervielfältigt mittels Klonen, und diejenigen, die Feld und Pflanze bearbeiteten, versklavte Menschen aus Afrika. „Sie hatten keine lokalen und sozialen Beziehungen mehr und deshalb auch keine bewährten Fluchtrouten.“ Auf den Plantagen wurden Arbeitsabläufe so organisiert, dass sie Beziehungen zwischen den versklavten Arbeiterïnnen erschwerten. Hier ging die Entfremdung, die Isolation von Menschen, Boden und Pflanzen, mit der Ausbeutung Hand in Hand. Ihren Bindungen entrissen war die Plantage unendlich skalierbar: Variabel in der Größenordnung, ohne etwas an ihren Grundbedingungen zu verändern. Dieser Expansionserfolg machte die Plantage zum Vorbild für die ersten Fabriken im industrialisierten Europa. (Kapitel 3)
Der Text richtet seine Aufmerksamkeit auf Vieles, das außerhalb der Feeds stattfindet: Die Installationen John Cages, in dessen Philosophie jedes Geräusch Musik ist, die multiperspektivischen Fotografien David Hockneys, Vogelbeobachtung, gewerkschaftliche Organisation, die Arbeiten der Performance-Künstlerïnnen Tehching Hsieh und Pilvi Takala, einen Mammutbaum in der Nähe von Oakland, Californien.
Wenn jemand nur einer Quelle aus diesem Essay nachgehen will, dann Jenny Odell. Nichts Tun steckt so voller Welt, dass ich beim Lesen immer wieder innehielt, um Welt wahrzunehmen; mit meinem Hund spazieren zu gehen, Musik zu hören, die Gattung der Bäume in meiner Straße zu googlen, um sie fortan immer erkennen zu können.
Einen Auszug findet man auf englisch auch online.
Ich bin mir nicht ganz sicher, woher ich diese Information habe, aber auch dieser Ausstieg war nicht komplett, er vollzog sich auf den Fundamenten der Gesellschaft, in der Thoreau lebte; er lebte in der Hütte auf dem Grundstück seines ganz offensichtlich landbesitzenden, weißen Freundes Ralph Waldo Emerson, und er ging nach wie vor arbeiten, um ein paar Lebensmittel zu kaufen, und soweit ich weiß, wusch seine Mom die Wäsche.
Hannah Arendt: Vita activa oder Vom tätigen Leben, S.24.
Hannah Arendt in der Standford Encyclopedia of Philosophy
1. Ich bin nicht so vertraut mit Arendts Werk, vielleicht hab ich das eine oder andere also falsch verstanden. Nachdem ich beim recherchieren auf die Vita activa stieß, habe ich allerdings angefangen es zu lesen, und bin intrigued.
2. Für alle Fans des zugänglichen Wissens: Die Stanford Encyclopedia of Philosophy ist komplett online einsehbar und enthält detaillierte Einträge über die meisten bekannten philosophischen Standpunkte und Theorien.
ein Philosoph aus den USA
„We experience the externalities of the attention economy in little drips, so we tend to describe them with words of mild bemusement like “annoying” or “distracting.” But this is a grave misreading of their nature. In the short term, distractions can keep us from doing the things we want to do. In the longer term, however, they can accumulate and keep us from living the lives we want to live, or, even worse, undermine our capacities for reflection and self-regulation, making it harder, in the words of Harry Frankfurt, to “want what we want to want.” Thus there are deep ethical implications lurking here for freedom, wellbeing, and even the integrity of the self.“ Williams. Übersetzung von mir.